Der Orden der Session 1986 /1987

Die Koehlejitse

 

Der Vordergrund der Darstellung auf dem Orden wird ausgefüllt durch einen Pferdeführer mit drei kleinen zotteligen Pferdchen, die Kohlensäcke transportieren. Das ist er, der auch heute noch in der Erinnerung lebendige Koehlejits.

Wie kam es nun zur Entstehung dieser Zunft von Spezial-Kohlentransporteuren in unserer Heimat?

Der Transport der Kohle vom Wurmrevier in das Hinterland der Abnehmer geschah sicherlich größtenteils durch Pferdefuhrwerke. Die Fahrten führten überwiegend Landwirte in der Zeit zwischen der Frühjahrsbestellung der Felder und der Ernte durch, weil sie dann die Pferde für Arbeiten außerhalb der Landwirtschaft frei hatten. Die Schwierigkeiten bei den oft sehr schlechten Straßenverhältnissen und eine Bestimmung in einer Aachener Ratsverordnung, die den Transport von Kohlen zur Stadt mit Pferdekarren verbot, führten zu den Koehlejitse, die als Kohlehändler und Transportführer den Absatz des „schwarzen Goldes“ im weiten Umkreis besorgten.

Die Koehlejitse (der Name stammt wohl aus dem Niederländischen, vergl. Aber auch guider – leite im Französischen) führten ihre kleinen Pferde an einem Leitseil mit mehreren hintereinander gebunden, wobei das folgende Tier jeweils mit dem Zügel am Schwanz des vorhergehenden Pferdes angebunden war. Die Säcke voller Kohlen (etwa 6 – 8 Stück!) legten sie kreuzweise zu zweien den kleinwüchsigen Pferden, die meistens aus der rauen Eifel stammten und folglich widerstandsfähig und genügsam waren, auf. Die Koehlejitse hatten durch ihre beruflichen Besonderheiten einen Namen, der sie als rau, geschäftstüchtig und verschlagen einordnete. In Versform und durch Spottlieder sind bis auf den heutigen Tag die Äußerungen des Volkes über diese schwarzen Gesellen erhalten. Hartnäckig hielt sich das Gerücht, dass die Koehlejitse es mit den Eigentumsverhältnissen bei den Futtergründen nicht so genau nähmen und unterwegs ihre Mähren auf fremden Grundstücken grasen ließen. Der Volksmund erzählt mit einem hinterhältigen Humor, dass jeder Koehlejits im Frühjahr bei starkem Wind auf den Kirchturm seiner Pfarre steige, um von dort Kleesamen nach allen Himmelsrichtungen auszustreuen. So leite er das Recht her, seine Pferde überall dort grasen zu lassen, wo es ihm angenehm sei und er empfände diese Handlungsweise noch nicht einmal als Unrecht.

Furchtlos, ja sogar respektlos waren diese Gesellen. So wurde vor dem Sendgericht in Würselen 1613 gegen einen Koehlejits verhandelt, mit dessen Handlungsweise der damalige Würselener Pfarrer als Autoritätsperson schwer beleidigt wurde. Der Sachverhalt nach einem vor 1877 entstandenen Zeitungsartikels ist in der Zeitsprache wiedergegeben:

>> Feria 4 a 11. augusti 1613 aiß der Pastor zu Würselen nach Ueppem gangen, Zimmer Johannes Sohn Michael mit den h. Sacramenten zu berichten, ist Johan N., der Brodtwinner genannt, zu Ilendorf wohnhaft, mit einem Aeselspertge (d. i. entweder ein Maulesel oder ein kleines Pferd) mit Kolen geladen für über gange und gedrieben . Wie nun andre Nachbar auff ihre Knie sich gesetzt, und dem H. hochwürdigen Sacrament sein gebührliche ehr geben, ist obengenannter Johan mit bedecktem Haupt bei seinem Pferd gleich für den Jungen, welcher die Leucht Schel druge, einhergangen, und hadt die Nachbar und Pastor daß verdrossen. Jenen angeruffen und bestraefft, dass er den hutt nicht abthäte; daruff er gesagt er hätt in nihmal abgethan, daruff der Pastor gesagt damit wer nit genug, weil er gleich für das h. Sacrament einhergieng, sol er den hut abhalten, gleich andere Leut und ein Vatter unser betten, daruff er geantwortet, der Pfaff hett über Im nitt zu commandiren, er thet seinen Hutt ab nach seinem Wohlgefallen; Wie diese schmach und Unehr des h. Sacraments so unnützen, ungeachten Menschen den Pastor verdrossen, hadt er ihm bedräwet, bei der Obrigkeit darunter er gesessen, das anzugeben und die dem h. Sacrament erzeugte Unehr zu vindiziren, daruff ehegenannter Johan trozig den Pastoren angedutzet, ahngefasset und zum höchsten verunehret, mit dem Beisatz, er durff den Pfaffen wohl mit Steinen auff den Kopf werfen, er frage nach dem Pfaffen nitt und dergleichen unehrbar trozige Worte mehr und gleichwohl seine hutt auff dem Kopf gehalten.

Wie in Würselen so gehörten auch in Aachen die Koehlejitse zum Straßenbild. Sie zogen durch die Stadt und priesen in Sprechgesangsform ihre Ware an. Ihr Anmarschweg auf die Stadt war in etwa identisch mit dem Verlauf der B57 und der Sandkaulstraße , dort verliefen sich ihre Wege zu den Verbrauchern in den einzelnen Stadtteilen.

Die Koehlejitse sind nie so richtig vergessen worden, denn bei größeren Festumzügen in Würselen und Umgebung fanden sich immer wieder Bürger, die in Gruppen die legendären Koehlejitse auferstehen ließen, so z. B. bei dem Festumzug anlässlich einer Heimatwoche in Würselen 1928 oder bei der 100-Jahrfeier in Bardenberg 1967.

Gleiches lässt jetzt der Erste Würselener Karnevalsverein 1928 mit seinem Orden geschehen und leistet somit auch einen wertvollen Beitrag zur Heimatgeschichte.

 

Josef Amberg

 

 

Quellen:

Michel, Steinkohlenbergbau im Wurmrevier 1877

Schmidt, Kohlenvertrieb in alter Zeit 1932

Schunder, Aachener Steinkohlenbergbau 1968



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